Rückkehr nach Frauenwaldau 1945

Auszug aus einem  Bericht von Erna Schneppel, geb. Finke (+2013), entnommen der Kreis Trebnitzer Heimatzeitung Nr. 12/2006

Endlich erreichten wir Frauenwaldau. An unserem Haus hing eine Fahne. Familie Kott begrüßte uns aus ihrem Haus und sagte, daß eine Brigade am Tag vorher weitergezogen sei. So konnten wir einziehen. Bei Sarembes wohnten Herr und Frau Dollak, geb. Sarembe. Bei Bauer Reinhold Wolf war der Bürgermeister mit seinem Amt.

Unterwegs wurde uns die junge Stute ausgespannt. Auf dem Bloens-Schulze-Hof war ein Transport Zugochsen eingetroffen. Im Tausch gegen unser altes Pferd erhielt unser Vater einen zugeteilt. Oft kamen unsere polnischen Nachbarn und wollten ihn ausgeliehen haben. Aus Angst, ihn nicht zurückzuerhalten, ging unser Vater mit. Er wurde sehr gut behandelt. Meine Schwester Martha ging ins Sägewerk arbeiten. Oft wurden junge Männer zum Verladen von Getreide gesucht. Aus Angst, daß sie nicht heimkämen, versteckten sie sich im Wald, und ich ging mit.

Einmal wurde eine Kuhherde durchs Dorf getrieben in den Anger vor Gawrons Gehöft. Wir wurden zum Melken aufgefordert. Kott, Finkes (Adolf), Kupke usw. hatten eine Zentrifuge und Butterfaß. Unsere Manja hatte, wie andere auch, verlaufene Tiere heimlich eingesperrt. Später, als danach gesucht wurde, hatten die Männer in unserem Buchenwald eine Hütte gebaut. Gerhard und der Smolka-Sohn trieben die Ochsen dann tagsüber dorthin. In Niederfrauenwaldau war eine Milchziegenherde. Gegen Bescheinigung erhielten auch wir Deutsche welche zugeteilt. Später mußten wir die auch verstecken, nachts auf dem Hausboden, morgens zogen wir ihnen einen Fahrradschlauch übers Maul. Traudel Kupke, Edith sowie Manja hüteten sie in Hippes Birken. Im Sommer ernteten wir bei uns und Bekannten Getreide in die Scheunen. Wir hofften ja noch immer, daß sie uns folgen würden. Wir hatten auch Kartoffeln gesteckt und eine große Miete im Wald nach Lahse zu angelegt. Die Wildschweine werden sich im Winter gefreut haben.

Noch Vieles, Gutes und Trauriges, ist geschehen. Wir denken an Herrn Wessel. Alle Deutschen hielten zusammen. Ich denke an die Mitteilung von Heinz Hampel über die Sobek-Söhne. Mehr als drei Deutsche durften nicht zusammenstehen, nachts nicht auf der Straße sein.

Herr Sobek holte mich eines Tages zu seinem jüngsten Sohn, der hochfiebernd in Heinrichstal lag. Ein Arzt, der deutsche Kriegsgefangene im Linsener Gefangenenlager betreute, hatte ihm Medikamente überlassen, die ich ihm spritzte. Doch in der dritten Nacht blieb das Herz stehen, am Jahrestag des Todes seines zweiten Sohnes. Am Morgen gingen wir zu uns, Herr Sobek dann zu Fuß nach Breslau, um einen Pastor zu holen. Inzwischen hatten andere Deutsche einen Sarg gebaut und das Grab ausgehoben. Alle Heimgekehrten waren Grabgeleit. Auch als die Bäuerin Frau Marta Hippe bei ihrer Tochter in Deutschhammer starb, der Pastor die Ortsgrenze nicht überschreiten  durfte, erwarteten alle deutschen Frauenwaldauer den Leichenwagen mit der Tochter am Friedhofstor und erledigten die Zeremonie nach altem Brauch.

Zum Tod des Binek-Sohns aus Niederfrauenwaldau ist zu ergänzen, daß er sich bei der Flucht vor der Miliz in einer Getreidepuppe hinter der Grenze versteckte und von vielen Kugeln tödlich getroffen wurde. Letzteres ereignete sich zwischen den beiden Weltkriegen beim Schmuggel von Pferden. Die Familie war, wie auch Familie Goralski, nach ihrer Entscheidung den Korridor nach dem Ersten Weltkrieg zu verlassen, öfter bei drüben in Jarotschin gebliebenen Verwandten zu Besuch.

 

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